Hi,
da waren ständige Geräusche vor meinem Balkon, meiner Sicht in die Freiheit. Denn ich sitze dort an meinem Schreibtisch mit Sicht in den Garten. Bislang war es ruhig, doch jetzt wurde es unangenehm unruhig. Alle 5 Minuten raschelte es, hörte sich nach etwas Fliegendem an. Ich schaute jedes Mal raus - nichts zu sehen.
So ging das über einige Tage. Ständig schaute ich, was ist da los, da draußen. Bis ich erstmalig einen Vogel sah, der in den ähnlich aussehenden Tannenbaum direkt vor meinen Balkon flog. Dann kam noch ein zweiter Vogel. Etwa die Größe einer Taube.
Nach einigen Tagen begriff ich, was die zwei Vögel dort machten. Sie bauten ein Nest. Dieses Zuhause ist Ideal, ich weiß das. Die freien Katzen haben dort auch ihr Zuhause gehabt. Dichter Wuchs, Schutz vor Feinden. Kaum Einsehbar.
Nach den Katzen musste ich auch die Vögel verscheuchenEs war schon schwer genug, den Katzen das Motel auf meinem Balkon zu streichen. Jetzt auch noch den 2 Vögeln.
Ich suchte mir im Garten einen langen Ast, um die Vögel im Strauch zu verscheuchen. Ich fand ihn. Ausgerechnet der von mir abgesägte Strauch, damit die Katzen nicht mehr auf meinen Balkon klettern können, hatte die richtige Länge. Ich stocherte jedes Mal im Strauch herum, wenn die Vögel wiederkamen. Zwei Tage dauerte es, dann haben sie es verstanden. Sie kamen nicht mehr.
Mir ging und geht es sehr mies dabeiZumal dieser tannenbaumähnliche Baum / Strauch, der mit weiteren in einer Reihe lebt, mich gefragt hatte: "Werde ich weiterleben können?"
Das war vor etwa einem Jahr. Da begannen die Bagger und Raupen, diese Siedlung langsam abzureißen, weil sie nicht mehr rentabel ist. Nachdem ich abschätzen konnte aufgrund der freibleibenden Bäume, wer bleibt, sagte ich: "Du und deine Nachbarn werden nicht zerstört. Ihr werdet bleiben können."
Weshalb die zwei Vögel sich grade diesen Platz ausgesucht haben, weiß ich nicht. Ob es mit mir etwas zu tun hat oder einfach nur, weil dieser Baum ideal ist für ein Nest, bleibt offen. In jedem Fall tut es mir arg weh, sie vertreiben zu müssen, weil ich überhaupt nicht mehr konzentriert arbeiten konnte. Ständig schaute ich aus dem Fenster, was da wohl gleich passiert.
Als vor 3 Jahren die klare Ansage von der Vermietergesellschaft kam, dass diese Siedlung abgerissen wird aufgrund fehlender Rentabilität, dachte ich ganz intuitiv: "Ich werde der Letzte sein, der hier auszieht".
Noch 3 Wohnungen von ehemals etwa 150 sind bewohnt. Ich bin einer von ihnen und muss mich täglich mehr von meinen Gesprächspartnern, Freunden verabschieden. Welch ein schmerzlicher Weg.
Ich würde gerne hier bleiben. Auch wenn die Feinstaubbelastung hoch ist. Aus gesundheitlichen Gründen dürfte ich hier nicht wohnen bleiben. Zu ungesund. 100 Meter entfernt ist ein Braunkohlewerk, der Wind zieht die Abfälle herüber. Jeder, der diesen Rauch abbekommt, wird belastet.
Ich jogge. Mache leichtes Krafttraining. Zur Kompensation. Aber ich atme diese Feinstaubpartikel dennoch ein.
Werde meine erste irdische Heimat aber wohl verlassen müssen. Und es tut weh. Ganz weh.
Ich werde sie vermissen, Baum, Strauch, die Katzen. Das Zeitfenster schließt sich.
John irdische Heimat Doe